Skip to main content

Nach einem dramatischen Lawinenunglück 1965 in Salzburg, bei dem 14 Jugendliche ums Leben kamen, wurde von der Arbeiterkammer Salzburg das „Österreichische Kuratorium für Sicherung vor Berggefahren“ ins Leben gerufen.

Rückblick

Initiator der Gründung und Zeit seines Lebens Sekretär des Kuratoriums für alpine Sicherheit war Prof. Eduard Rabofsky. Der auf ehrenamtliche Mitarbeit aufbauende Verein leistete seit seinem Bestehen vor allem durch die Verbreitung und Vertiefung des in Österreich reichlich vorhandenen Wissens über alpine Unfälle und deren Verhinderung einen unverzichtbaren Beitrag zur Sicherheit beim Bergsport.

Die vom Kuratorium organisierten „Kapruner Gespräche“, ein seit 1966 jährlich stattfindender Erfahrungsaustausch herausragender Persönlichkeiten des Bergsteigens, des Skilaufs und der Bergrettung widmeten sich insbesondere der Lawinenvorbeugung, Lawinenrettung und Lawinendokumentation.  Durch Hunderte von Besuchern, Vorworten von Bundespräsidenten und Bundesministern etablierte sich diese Veranstaltung als Highlight der alpinen Szene und zeigt deren gesellschaftliche Verankerung.

Zwischenzeitlich engagiert sich das Kuratorium für Alpine Sicherheit über die Lawinenkunde hinaus in allen Belangen der Unfallprävention im alpinen Bergsport. 1994 holte Wolfgang Girardi als Leiter der Sportabteilung des Landes Tirol das Kuratorium von Wien nach Innsbruck.  Als Fortsetzung der Kapruner Gespräche veranstaltete er alle zwei Jahre ein Alpinforum.
Nach dem Ableben von Raimund Mair im Jahre 2004, der die Leitung seit 1997 übernommen hatte, war Prof. Dr. Karl Gabl mehr als 20 Jahre Präsident (bis Juni 2020) des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS).

Im Jahr 2018 feierte das ÖKAS seinen 50. Geburtstag.

Weitere interessante Berichte anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums des ÖKAS sind in der Ausgabe analyse:berg jahrbuch Sommer 2018 zu finden.

"... und mach von Schnee einen Ballen und laß den gemach herab fallen, daß daraus werd ein Lehnen groß, dieselbe den Helden zu Tode stoß, ..."

— Der Theuerdank, 1517 von Kaiser Maximilian: Die bibliophilen Taschenbücher

Foto: Pixabay

Unfallkunde in der Geschichte

Nicht erst seit 50, auch schon vor 500 Jahren beschäftigte man sich in Österreich mit alpiner Unfallkunde. Kaiser Maximilian I. ließ im Jahr 1517 ein reich illustriertes Buch herausgeben, in dem der möglicherweise von ihm selbst verfasste Bericht über die Fahrt zur Werbung seiner Braut nach Brabant als Brautfahrt des „Ritters Theuerdank zu Fräulein Ernreich“ erzählt wird. Eine Reihe von Prüfungen muss der Ritter im Gebirge bestehen. Darunter sind ein Lawinenabgang, das Ausrutschen auf Schneefeldern, Gefahren durch brüchiges Gestein, durch Starkregen ausgelöster Steinschlag, ein Föhnsturm sowie ein heftiges Gewitter mit Blitz und Donner. Damit ist der Theuerdank nicht nur ein Werk mit großem buchkünstlerischem Wert sondern zugleich eine umfassende alpine Gefahrenkunde.

Schon zu Zeiten von Kaiser Maximilian I. wurde nach Erklärungen für die Gefahren gesucht. So auch für die Lawine im Halltal in Tirol, deren Auslösung einerseits auf die Sonneneinstrahlung – die „Kraft der Sunnen“ – und andererseits auf eine mechanische Auslösung – „durch des Vogels Gefiert“ – zurückgeführt wird.1

Über Jahrhunderte und Jahrtausende stellten die Gefahren der Alpen für die Reisenden und für die Bewohner der Täler eine ständige Bedrohung dar. Ziel für alle war es, Naturgefahren wie Überschwemmungen, Muren, Lawinen, spezielle Wettergefahren wie Gewitter und dergleichen zu überleben. Mit Beginn des Alpi­nismus Mitte des 18. Jahrhunderts wagte sich der Mensch in Regionen vor, die weder bewohnt, bewirtschaftet, bejagt noch bereist wurden. Damit begannen auch die Berichte über Unfälle bei den Besteigungen.

1 Der Theuerdank, 1517 von Kaiser Maximilian, die bibliophilen Taschenbücher

Das Österreichische Kuratorium für Alpine Sicherheit

Nach zwei tragischen Lawinenunglücken mit vielen Toten im Früh- und Hochwinter 1964/65 in den Hohen Tauern initiierte Univ.-Prof. Dr. Eduard Rabofsky, Sektionsleiter in der Arbeiterkammer in Salzburg, das Österreichische Kuratorium für Alpine Sicherheit und institutionalisierte auf diese Weise das Sicherheitsbemühen am Berg. Ursprünglich hieß es „Kuratorium für die Sicherung vor Berggefahren“.

Kapruner Gespräche

Zwei Jahre nach den schlimmen Lawinenunfällen organisierte Rabofsky mit der Arbeiterkammer Salzburg unter reger Beteiligung von Fachexperten und Vertretern zahlreicher Organisationen das erste Kapruner Gespräch, dem zahlreiche weitere legendäre Gespräche mit intensiven Diskussionen folgen sollten. Schon bald traf sich das „Who is Who“ der alpinen Experten jährlich in Kaprun. Fünf Jahre nach dem ersten Kapruner Gespräch wurden bereits 130 Teilnehmer gezählt, die bei dieser Gelegenheit Fragen nach der Sicherheit auf den Pisten nachgingen. Die Teilnehmerliste der fast viertägigen Kapruner Gespräche war prominent.

Mitglieder

Das Kuratorium erarbeitete sich rasch einen ausgezeichneten Ruf. Neben den institutionellen Mitgliedern (ca. 30) sind etwa 60 hochqualifizierte Alpinexperten als persönliche Mitglieder im Kuratorium vertreten, über deren Aufnahme die Mitgliederversammlung befindet.

Alpine Unfallstatistik

Seit 1967 wertet das Kuratorium die Alpinunfall-Erhebungsbögen der Alpin­gendarmerie aus. Im Jahr 2006 wurde mit dem BM.I und der damaligen Innenministerin Liese Prokop ein Vertrag unterzeichnet, der die Übermittlung der von der Alpinpolizei erhobenen, anonymisierten Bergunfälle an das Kuratorium regelt. Seit 2005/06 existiert beim Kuratorium eine digitale Unfalldatenbank in der von der Alpinpolizei erhobenen Unfälle erfasst sind. Obwohl nicht alle Alpinunfälle zu 100 % erfasst sind, können aufgrund der exzellenten Qualität aussagekräftige Analysen gemacht werden.

Jährlich fallen etwa 7.500 Unfälle mit ca. 11.000 Beteiligten an. Mit Stand Ende 2017 verfügt das Kuratorium mit etwa 92.000 digital erfassten Alpinunfällen über die wahrscheinlich weltweit größte Alpinunfalldatenbank. Daraus werden nicht nur alpine Unfallforscher aus ganz Europa mit Daten versorgt, sondern laufend auch Medien-bzw. Interessensvertreter informiert. Eine weitere große Aufgabe ist die Digitalisierung der seit den 1950er-Jahren von der Alpingendarmerie erstellten Erhebungsbögen.

Ein wichtiger Bestandteil bei der Unfallprävention ist die Information über das alpine Unfallgeschehen durch die vom Kuratorium herausgegebene Publikation analyse:berg – jahrbuch Sommer und Winter. Darin werden die aktuellen Unfallstatistiken präsentiert und auffällige Alpinunfälle der vergangenen Saison von z. B. Alpinpolizei, Bergrettung und Sachverständigen analysiert. Aus finanziellen und verwaltungstechnischen Gründen erfolgte im Jahr 2017 die Zusammenlegung von analyse:berg und Jahrbuch mit jährlich einer Winter- und einer Sommerausgabe.

Sicherheits-
bewusstsein
schaffen

Viele Alpinunfälle wären vermeidbar gewesen. Deswegen lautet das Ziel des Kuratoriums, durch aktive Präventionsarbeit, die Zahl der Alpinunfälle zu senken. Aufbauend auf den Unfallanalysen werden vom Kuratorium Standards und Normen erarbeitet – u. a. Rodel-Empfehlungen, Empfehlungen zu Bau, Wartung und Sanierung von Klettersteigen, Entwurf der Pistenordnung, Empfehlungen zum Pistentourengehen, Empfehlungen für Kinder-/Schülergerechte Hochseilgärten, Mitarbeit in den CEN-Arbeitsgruppen für Bergsportnormen.

Das Kuratorium informiert nationale und internationale Medien über Bergsportinhalte. Insbesondere bei anlassbezogenen Themen und konkreten Fragen wie etwa nach der Entwicklung der Skiunfälle können wir mit umfangreichen Zahlen und Fakten schlüssig argumentieren. Dabei setzt sich das Kuratorium für die Eigenverantwortung der Bergsportler ein und tritt der Kriminalisierung des Bergsports entgegen.

Zu den Themen Wandern, Erste Hilfe, Klettersteig, Sportklettern, Skitouren, Lawinen und Eisklettern wurden handliche und “rucksacktaugliche” Fibeln in großer Stückzahl aufgelegt.

Mit der Veranstaltung Alpinforum / Alpinmesse im Spätherbst, bei der 2017 rund 13.000 Besucher von ca. 200 Herstellern von Bergsport-Ausrüstung informiert wurden, wollen wir Bergsportler und Interessierte für die alpine Sicherheit sensibilisieren und ein umfassendes Sicherheitsbewusstsein schaffen. Dazu bietet das Kuratorium rund 1.000 Plätze in Workshops zur alpinen Sicherheit an. Dabei geht es um Seiltechnik genauso wie um die Übung der Verschüttetensuche rechtzeitig vor dem Winter. Gleichzeitig wurde in Nachfolge der Kapruner Gespräche mit dem Alpinforum eine Plattform zum intensiven Austausch etabliert, die neben den Mitgliedern des Kuratoriums vor allem für die breite Öffentlichkeit zugänglich ist und auf diese Weise ein Bewusstsein für Gefahrenquellen beim Bergsport schafft.

Das alpine
Unfall-
geschehen
in Österreich

Seit Bestehen der Datenbank im Jahr 2006 zeigt die Statistik 2016 die geringste Anzahl von Alpintoten in Österreich. Im Jahr 2007 gab es die höchste Zahl an Alpintoten (333). Das zehnjährige Mittel liegt bei 295 Toten. Detaillierte Auswertungen über das alpine Unfallgeschehen in Österreich sind in den Jahrbüchern und den Publikationen analyse:berg Sommer und Winter des Kuratoriums zu finden. In den letzten Jahren konnte die Präventionsarbeit deutlich intensiviert und die breite Öffentlichkeit noch mehr über Gefahrensituationen und richtiges Verhalten am Berg informiert werden.

Ausblick

Die auf der Grundlage der Erhebungen der Alpinpolizei vom Kuratorium geführte alpine Unfalldatenbank hat das Unfallgeschehen in den Bergen nicht nur objektiviert, sondern auch ganz erhebliche Beiträge zur Unfallprävention und zur Aufklärung der Bergsportler geleistet. Diesen Weg will das Österreichische Kuratorium für Alpine Sicherheit auch in Zukunft als Partner von alpinen Vereinen, aber auch von Wissenschaft und öffentlichen Institutionen weitergehen.